Zur Reform der Pflegeversicherung – 1, 2, 3 und los!

Wer pflegebedürftige Familienangehörige betreut, soll demnächst eine Auszeit von seinem Arbeitsplatz nehmen dürfen und etwa drei Jahre lang zu Hause – unbezahlt – humanitäre Hilfe leisten.

Das macht richtig Spaß, von Neujahr bis Silvester, ohne Feiertagszuschlag oder freie Tage – dafür aber rund um die Uhr – unbezahlt – an seine Grenzen stoßen zu können! Endlich befreit von allen Regeln, die sich proppere Gewerkschaftler und Arbeitsrechtler ausdachten und mit spitzen Bleistiften im Arbeitsgesetzbuch und anderen Gesetzen verewigten, kann man nun klaglos dienstleisten, was das Zeug hält.

Pflege zu Hause ist schließlich – rechtlich betrachtet – keine Arbeit und kann daher auch nicht auch solche gewertet oder gar finanziell anerkannt werden. Pflege ist jedoch Arbeit, wenn Mitarbeiter von Pflegediensten oder -heimen die Pflege erledigen. Dem Auszeitnehmer bleibt die moralische Anerkennung – vermutlich derer, die moralisch verkommen sind und ihren Alten eine Unzumutbarkeit nach der anderen präsentieren.

Angesichts der Freibeträge, die den Selbstbehalt regeln, wird sich kaum jemand finden, der seinem Chef ein fröhliches “Ade” zuruft und Arbeit aufgibt, um dann selbstverschuldet und “finanziell unabhängig” Klimmzüge am Brotkasten zu machen!

Franz-Josef Strauß sagte einmal: “Wir müssen kompliziert denken, aber einfach reden.”.
Man gewinnt mehr und mehr den Eindruck, es wird nur noch einfach geredet und vorher gar nicht mehr gedacht – erst recht nicht kompliziert.

Was also wird mit den Pflegebedürftigen, die am Ende der unbezahlten Auszeit noch leben?
Wird ihr Überleben dann mit der Übersiedlung in einen seniorengerechten Entsorgungspark belohnt oder etwa doch bestraft?

Der Vorstoß ist ebenso unausgegoren, wie das neue Elterngeld. Der Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ist erst durchsetzbar, wenn das Kind drei Jahre alt ist. Falls dieses Gesetz einen Ansturm auf die Kreißsäle auslöst, ist der Mangel an Kinderbetreuungsplätzen vorprogrammiert, denn schon jetzt fehlen Plätze – selbst für Kinder – die älter als drei Jahre sind.

Die Drei scheint in Regierungskreisen eine wichtige Rolle zu spielen. Es beruhigt ungemein, zu wissen, daß die Obrigkeit doch soweit zählen kann! Warten wir also ab, was da noch kommt und trösten uns damit, daß im nächsten Jahr alles besser wird. Dann sind es auch nur noch drei Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl.

D. Reichert

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